Redebeitrag auf der revolutionären 1.Mai-Demonstration 2014 in Freiburg
Der Kapitalismus steckt nunmehr seit über sechs Jahren in seiner schwersten Krise seit 1929, und mit ihm auch die Staaten der Europäischen Union. Massen an Menschen sind durch die Krise in eine extrem prekäre ökonomische Lage geraten. Sie haben Arbeitsplätze, Wohnungen, Renten und damit einhergehend auch ein bisher gewohntes Leben verloren.
Doch anstatt sich mit den tatsächlichen Ursachen der Krise zu befassen wird in Deutschland und anderswo gemeinhin auf einfache Erklärungen zurückgegriffen. Die Verantwortung für die Krise wird stets bei bestimmten Gruppen gesucht, nicht in in der Funktionsweise des Kapitalismus selbst. Neben den „gierigen Bankern“ sind diese Gruppen im Zweifel die „Anderen“ – wahlweise die „faulen Griechen“, „Sozialschmarotzer“ oder Migrant*innen. In anderen Ecken hofft man auf staatliche Eingriffe, Reformen, ein bisschen Subventionen, ein paar weitere Rettungspakete, und wenn’s Deutschlands Stellung auf dem Weltmarkt dienlich ist, dann wird in gut sozialpartnerschaftlicher Tradition der Gürtel eben enger geschnallt. Doch es wird dabei bleiben: Die goldenen Jahre kommen nicht wieder, so sehr die SPD und manche Gewerkschafter sich das auch wünschen mögen.
Wir schätzen das antirassistische Engagement vieler Gewerkschafter*innen, wir ziehen den Hut vor der Hartnäckigkeit einzelner linker Gewerkschaftsfunktionär*innen. Doch wir vermissen eine wirkliche Zukunftsperspektive, die sich nicht mit ein paar Euro mehr Lohn für deutsche Arbeiter zufrieden gibt. Dazu müsste eben der Burgfrieden mit dem Kapital aufgekündigt werden. Es bräuchte den Willen zu einer antikapitalistischen Analyse der Gesellschaft, ein Ende der Glorifizierung der Lohnarbeit und grenzenübergreifende Solidarität statt Sozialpartnerschaft mit dem deutschen Kapital. Alles andere bleibt völlig abhängig vom auf und ab der Dynamik des Kapitalismus.
Und dessen Krisen werden nicht weniger werden, im Gegenteil. Denn sie sind keineswegs das Werk einiger gieriger Banker und hemmungsloser Spekulanten. Die Ursachen der Krise liegen vielmehr direkt in der Funktionsweise der kapitalistischen Wirtschaft. Denn der Kapitalismus hat einen großen Schwachpunkt: Er ist zu produktiv. Durch technischen Fortschritt und Automatisierung wird menschliche Arbeitskraft zunehmend überflüssig. Gleichzeitig müssen die Unternehmen immer weiter wachsen, um in der globalen Konkurrenz bestehen zu können. Einerseits kann das Kapital nur von der zunehmenden Vernutzung von Arbeit leben, andrerseits muss es Arbeit fortwährend überflüssig machen. Je produktiver die Wirtschaft wird, desto weniger Wert fließt dem Kapital in der Produktion tatsächlich zu. Hier liegt die eigentliche Ursache der Krise: Seit dem Ende des Fordismus konnte kein Sektor der Wirtschaft mehr für massenhafte Wertproduktion durch Lohnarbeiter*innen sorgen.
Durch ein stetig weiter sich aufblähendes Finanzkapital konnte diese systemische Krise zwar bis ins letzte Jahrzehnt aufgeschoben werden. Als das nicht mehr reichte, kamen die Staaten zuhilfe, finanziert durch Schulden. Doch die Staaten können die Krise nicht lösen, sondern nur noch weiter hinauszögern. Entweder mit immer weiterer Staatsverschuldung, wie die USA, bis dann irgendwann die Inflation einsetzt. Oder eben durch drakonische Sparmaßnahmen und der damit ausgelösten Verarmung weiter Teile der Bevölkerung der betroffenen Volkswirtschaften. Diese Antwort wird in Europa unter deutscher Führung derzeit durchgesetzt. Die Folgen sind bekannt, die Folgen sind fatal. Ganze Regionen verelenden, weil die dortige Arbeitskraft nicht mehr gebraucht wird.
Es ist absurd: Die Gesellschaft geht an ihrem Überfluss zu Grunde. Weil zu viele Waren mit immer weniger Arbeit hergestellt werden können, versinken immer mehr Bevölkerungsgruppen und Weltregionen in Marginalisierung und Verelendung. Wir könnten schon lange nur noch fünf Stunden pro Woche arbeiten und mit 40 Jahren ganz damit aufhören. Doch die einen sollen sich totarbeiten während die anderen „nicht gebraucht“ werden. Die technischen und materiellen Voraussetzungen zur Errichtung einer Gesellschaft, die die Grundbedürfnisse aller Menschen weltweit befriedigt, sind dennoch objektiv gegeben. Nutzen wir sie und organisieren wir unser Zusammenleben radikal anders!
Für eine revolutionäre Perspektive! Für den freiheitlichen Kommunismus!