Ein analytisch-satirischer Abend mit guter und schlechter Musik, zur Erforschung eines Phänomens, das Schlüsse auf die Verrücktheit des kapitalistischen Ganzen erlaubt. Von und mit Thomas Ebermann und Kristof Schreuf.
28. April | MensaBar (Rempartstraße 18) | 20:30 Uhr
In den vergangen Jahren haben sich einige Tausend Unternehmen eine Firmenhymne zugelegt. Sie versprechen sich davon – in Kombination mit anderen Maßnahmen von Gehirnwäsche und corporate identity – dass die Motivation der Belegschaft steige und der Krankenstand sinke. Wenn man schon, um in der Arbeitswelt zu bestehen, immer neue Höchstleistungen der Entsagung meistern muss, so soll man doch besingen, wie gut man es gerade in dieser Firma mit ihren fairen Chefs und menschheitsbeglückenden Produkten angetroffen hat. Die Fernsehberichte, die infantile Belegschaften beim Singen ihrer Hymne zeigen, lassen uns in scheinbar glückliche Gesichter blicken. Aber – so lautet der letzte Hoffnungsstrohhalm der Gesellschaftskritiker_innen – vielleicht sind sie ja gar nicht freiwillig angetreten. Vielleicht fürchten sie ja bloß die Repression, die allen Verweigerern des gutgelaunten Mitmachens droht.
Vielleicht aber – das wäre die schrecklichere Variante – ist der Fremdzwang, die Erniedrigung zum Humankapital, schon in das Fühlen und Wollen der Lohnarbeiter_innen eingedrungen. Oder man kann die ganze Scheiße – die Arbeitswelt und die ihr so ähnliche Gestaltung der ‘Freizeit’ – nur ertragen, indem man sich beides als erfüllt und spannend zurecht lügt.
Thomas Ebermann (Autor des Theaterstücks “Der Firmenhymnenhandel”) reflektiert diese Zusammenhänge; Kristof Schreuff (“Kolossale Jugend”, letzte CD: “Bourgeois with guitar”) fällt ihm musikalisch ins Wort, bebildert und widerspricht.
Auf der Leinwand: Firmenhymnen wortgetreu, aber teilweise mit verführerisch guter Musik unterlegt: Bernadette La Hengst, Lisa Politt, Thomas Pigor, Dirk von Lowtzow (Tocotronic), Gustav Peter WöhLer, Schorsch Kamerun (Die Goldenen Zitronen), Rocko Schamoni, Harry Rowohlt, Horst Tomayer, Jens Rachut, Dieter Glawischnig, Andreas Spechtl (Ja, Panik) und viele mehr..
Stimmen zu “Der Firmenhymnenhandel”:
Ebermann ist ein anspruchsvolles, gesellschaftskritisches Stück gelungen, in dem er einen genauen Blick auf die Abgründe moderner Arbeitsbeziehungen wirft.
Rainer Link / Deutschlandfunk
Die ideologiekritische Einsicht des Abends lautet: „Je dreckiger es einem geht, desto größer ist der Wunsch, die Scheiße zu besingen.“ Kann man so sagen. Der Knaller sind aber die eingespielten Videos mit Firmenhymnen. Zu sehen und zu hören sind hier Hamburger Größen wie Dieter Glawischnig, Schorsch Kamerun, Harry Rowohlt oder Rocko Schamoni.
Christian Schlüter / Berliner Zeitung
…dreht sich um Zumutungen am Arbeitsplatz. Aber auch um die Verrenkungen des Künstlers im Angesicht des Geschäfts und die merkwürdigen Konsequenzen einer Welt, in der Selbstverwirklichung und Arbeit, Freiheit und Zwang nicht mehr zu unterscheiden sind.
Robert Matthies / taz
Darum geht es im Stück: Was ist, wenn die Ideale einem nicht mehr als eine kalte Heizung im Winter und einen leeren Kühlschrank zu allen Jahreszeiten bescheren?
Thomas Ewald / Jungle World
Wenn man diese Lieder hört, weiß man nicht, ob man lachen oder erschrecken soll.
Heinrich Oehmsen / Hamburger Abendblatt