Am 13. März 2016 stehen Landtagswahlen in Baden-Württemberg an. Auch für die Partei „Alternative für Deutschland“ stehen die Chancen nicht schlecht, erstmalig in den Landtag einzuziehen. Als neue politische Kraft stellt sich die AfD gerne als echte Alternative zu den etablierten Parteien dar. In ihrem Wahlprogramm spricht sie in beinahe apokalyptischem Duktus davon, dass Baden-Württembergs Zukunft durch die „verfehlte Eurorettungspolitik“(1), die „kopflose Energiewende“ und die „völlig verantwortungslose Asyl- und Flüchtlingspolitik“ gefährdet sei. Sie fühlt sich bedroht durch „grüne und rote Ideologen“ und einer „Allianz der Altparteien“, die das Land in den „kulturellen und ökonomischen Ruin“ treiben würden. Gegen den von ihr ausgemachten „rapiden Verfall der Demokratie und des Rechtsstaates“ postuliert sie „Freiheit und Selbstverantwortung, gesundes Selbstbewusstsein und Heimatliebe, direkte Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, ideologiefreien Realismus und ökonomische Vernunft, Bürgersinn und Tradition“. Doch hinter diesen Worthülsen verbirgt sich stramm rechtes Gedankengut. Die „Alternative für Deutschland“ ist eine rechtspopulistische Partei mit einer nationalistischen, rassistischen, antifeministischen, umweltfeindlichen und antisozialen Agenda. Damit ist sie keinesfalls eine Alternative zu den bestehenden Zuständen.
Nationalismus
Die AfD grenzt sich von der Politik der Bundesregierung ab, der sie vorwirft, sich nicht um die „Interessen des Volkes“ zu kümmern. Die Alternative soll in der radikalen Bevorzugung des nationalen Kollektivs gegenüber dem Rest der Menschheit liegen. So soll das Geld, das für die Eurorettung aufgewendet wird, lieber für Deutschland ausgegeben werden. Das kommt bei vielen gut an. Bei genauerer Betrachtung entpuppt sich dieser Vorwurf jedoch als populistischer Schachzug: Denn für die deutsche Bundesregierung ist der nationale Standorterfolg ohnehin schon Maßstab ihrer Politik. Der einzige Unterschied: Die aktuelle Bundesregierung ist bereit, im Austausch für Freihandel, Privatisierung, Deregulierung von Arbeitsmärkten und Dumpingwettbewerb in gewissem Maße auch Grundrechte zu gewähren wie z.B. (innerhalb der EU) die Reise- und Niederlassungsfreiheit und manche Entscheidungskompetenzen an die EU abzutreten. Währenddessen setzt die AfD auf die kompromisslose Abschottung des Nationalstaats. So fordert sie die Aussetzung des Schengen-Abkommens und die Wiedereinführung von Grenzkontrollen. Sie will die Zeit zurückdrehen und würde wohl am liebsten die Deutsche Mark wieder einführen. Dem Rechtspopulismus geht es weniger um die pragmatische Verwaltung des Bestehenden als um nationale Identität und die Simulation politischer Handlungsfähigkeit. Maßnahmen wie die von der AfD geplante Einführung eines „Tages des Heimatschutzes“, die Wiedereinführung des allgemeinen Wehrdienstes oder die Förderung von Deutsch als Wissenschaftssprache schlagen in diese Kerbe.
Die Forderung der AfD nach „nationalem Erfolg“ bedeutet Ausbeutung der Lohnabhängigen bei steigendem Profit deutscher Unternehmen. Und bedeuten doch hohe Profite von Unternehmen für Lohnabhängige meist niedrigere Gehälter, längere Arbeitszeiten und mögliche Entlassungen!
Rassismus
Das Hauptthema der AfD im derzeitigen Wahlkampf ist ihr Kampf gegen den „Einwanderungswahn“ und die vermeintliche „Willkommensdiktatur“. Es wird von einer „Völkerwanderung“ fabuliert, welche die „kulturellen, politischen und gesellschaftlichen Grundlagen“ Deutschlands und Europas zu „zertrümmern“ drohe. Die Flüchtlinge würden „Konflikte aus aller Welt“, „archaische Sitten“ und „unüberbrückbare kulturelle Unterschiede“ nach Deutschland importieren. Eine Integration in Staat und Arbeitsmarkt sei unmöglich. Als Konsequenz daraus fordert die AfD mehr Abschiebungen, die Beseitigung von „Abschiebehindernissen aus gesundheitlichen Gründen“, die Streichung des Aufenthalts aus humanitären Gründen, die Abschaffung der Härtefallkommission, die Abschaffung des Partizipations- und Integrationsgesetzes, die Abschaffung des Widerspruchsverfahren im Ausländerrecht, die Abschaffung des Integrationsministeriums, den Bau von speziellen Abschiebegefängnissen und die Schaffung grenznaher Lager für Flüchtlinge, um diese in einem 48-Stunden-Verfahren möglichst schnell abschieben zu können. Diese Maßnahmen sind purer Rassismus!
Rassismus ist eine Ideologie, ein falsches Weltbild, in dem Menschen anhand vermeintlich unveränderbarer äußerer oder kultureller Merkmale von den Rassist/innen einer bestimmten Gruppe zugeordnet und ihnen darüber dann bestimmte, meist negative Eigenschaften zugesprochen werden – im Fall der AfD eben „unüberbrückbare kulturelle Unterschiede“ und „archaische Sitten“. Damit werden Diskriminierung und meist ökonomische Herrschafts- und Ausbeutungsverhältnisse gerechtfertigt. Die lange Zeit dominante Form des »klassischen«, biologistisch argumentierenden Rassismus (den etwa die NPD vertritt) transformiert sich zunehmend zu einem kulturalistisch argumentierenden Rassismus. Mittlerweile wird eher weniger auf »Rasse« oder Gene, sondern mehr auf die angebliche »Kultur« eines Menschen verwiesen, um ihn entweder als »Störfaktor« oder (seltener) als gesellschaftliche »Bereicherung« zu klassifizieren.
In der aktuellen Flüchtlingsdebatte und auch bei der AfD wird hierbei eine Unterscheidung von Geflüchteten in zwei Gruppen vorgenommen: So stehen auf der einen Seite »nützliche« Einwanderer/innen, die gut ausgebildet und der deutschen Wirtschaft dienlich seien, sowie »Kriegsflüchtlinge«. Wer nicht in diese Kategorien fällt, der wird als »Wirtschaftsflüchtling« oder »Scheinasylant« diffamiert, der das Asylsystem »missbrauchen« würde und so schnell wie möglich wieder abgeschoben werden soll. Die deutsche Abschiebepraxis, die von den Grünen, der SPD und der CDU getragen wird, funktioniert nach eben dieser menschenverachtenden Maßgabe. Die AfD will sie nur radikalisieren!
Um es nochmals zu betonen: Schon die Unterscheidung von legitimen und nicht-legitimen Fluchtgründen ist rassistisch. Sie dient der Rechtfertigung der Diskriminierung und Abschiebung eines Großteils der Geflüchteten. In Baden-Württemberg sind das besonders Roma aus den Balkanländern, welche vor Diskriminierung und daraus folgender Armut fliehen.
Mit ihrer rassistischen Hetze ist die AfD der ideologische und praktische Wegbereiter für die zahllosen Brandanschläge und gewalttätigen Übergriffe auf Flüchtlinge und ihre Unterkünfte.
Antifeminismus
Die AfD behauptet zwar, für die Gleichberechtigung von Frau und Mann einzutreten und auch andere sexuelle und geschlechtliche Identitäten (LSBTTIQ)(2) zu akzeptieren, doch ein Blick in ihr Wahlprogramm zeigt anderes. Hier wird die Familie als „Keimzelle und Fundament der (deutschen) Gesellschaft“ ausgegeben. Es wird vom „Erfolgsmodell Familie“ (Mann+Frau+Kinder) geschwärmt. Der Staat soll laut AfD Ehe und Familie schützen. In Rundfunk und Bildungseinrichtungen soll Werbung für die „Mutter-Vater-Kind“ Beziehung gemacht werden. Lebenslange Ehen sollen gefördert, die häusliche Erziehung und die Rolle der Mutter gestärkt werden. Der AfD schwebt offensichtlich das angestaubte frauenfeindliche Familienbild der 50er Jahre vor Augen.
Die AfD positioniert sich klar gegen Frauenrechte: Sie ist gegen das Selbstbestimmungsrecht der Frau und steht Abtreibungen ablehnend gegenüber. Auch Promiskuität lehnt sie ab. Die Frau soll in ihrer Rolle als Mutter und Hausfrau aufgehen. Gelder und Lehrstühle an Universitäten für Gender-Forschung sollen gestrichen, Frauenquoten und Gleichstellungsbeauftragte abgeschafft werden.
Die Frau nimmt die Rolle einer »Gebärmaschine« ein: In den eugenischen Träumen der AfD sollen Frauen für eine ausreichende Zahl an Kindern sorgen, um den „Fortbestand des deutschen Volkes zu sichern“. Hier wird indirekt an die Neonazi-Kampagne „Volkstod stoppen“ angeschlossen.
Auch wenn sie manchmal anderes behauptet, werden von der AfD nicht-heterosexuelle Menschen nicht als gleichberechtigt akzeptiert. Sie ist gegen die Gleichstellung eingetragener Lebenspartnerschaften mit der Mann-Frau-Ehe, sie verweigert nicht-heterosexuellen Partner/innen das Recht auf Adoption und positioniert sich gegen eine angeblich herrschende „Gender-Ideologie“. Sie ist gegen die Gleichstellung der heterosexuellen Familie (Mann-Frau-Kind) mit – laut AfD – „gesellschaftlich kaum relevanten Konstellation“ (also LSBTTIQ) und polemisiert gegen eine angeblich von grün-rot betriebene „volkserzieherische Überhöhung nicht-heterosexueller Menschen“ (gemeint ist der neue Bildungsplan für Baden-Württemberg). Homosexualität scheint für die AfD etwas »unnatürliches« zu sein, schreibt sie in ihrem Wahlprogramm doch, dass „Geschlechter aufeinander zugeordnet seien und sich ergänzen würden“. Auch Intersexuelle und Transpersonen scheinen im rechtskonservativen Weltbild der AfD nicht zu existieren: Im Wahlprogramm heißt es lapidar, dass Kinder einfach „ihr biologisches (Mann oder Frau) Geschlecht annehmen“ sollen. Das Recht auf freie Wahl der Geschlechtsidentität und der sexuellen Vorlieben wird von der AfD mit Füßen getreten!
Die Positionen der AfD sind offen antifeministisch, Frauen & LSBTTIQ sind für sie Menschen zweiter Klasse.
Umweltfeindlichkeit und antisoziale Politik
Wenig bekannt sind die umweltpolitischen Forderungen der AfD: So wird von ihr behauptet, dass der Klimawandel von Medien und Politik zu einer„menschengemachte Klimakatastrophe hochstilisiert“ würde. Die Klimaschädlichkeit des von Menschen erzeugten CO2 sei nicht bewiesen. Es bräuchte deshalb auch keine politischen Maßnahmen zur Reduzierung des CO2-Ausstoßes. Im Klartext heißt das: Die AfD leugnet den Klimawandel.
Sie will den bisherigen Energiemix beibehalten und setzt sich für den weiteren Einsatz umweltschädlicher fossiler Energieträger sowie der hochgefährlichen Kernenergie ein. Folglich lehnt sie auch die weitere Förderung erneuerbarer Energien ab.
Die AfD steht außerdem für eine antisoziale Politik auf dem Rücken der Lohnabhängigen. Sie will das dreigliedrige „leistungsorientierte“ Bildungssystem von Hauptschule, Realschule, Gymnasium – das nachweislich Kinder aus sozialschwachen Familien massiv benachteiligt – beibehalten. Hartz 4 soll nach dem Willen der AfD abgeschafft werden, jedoch nur, um einen Zwangsarbeitsdienst für Langzeitarbeitslose einzuführen, dessen Entlohnung noch unter dem gesetzlichen Mindestlohn liegt. Auch die von ihr geforderte Entlastung kleiner Betriebe von „einengenden arbeitsrechtlichen Vorschriften“ bedeutet für die Arbeiter/innen in solchen Betrieben niedrigere Löhne, längere Arbeitszeiten und keinen Kündigungsschutz.
Unsere Alternative: Solidarität und Klassenkampf!
Was die AfD als Alternative verkaufen will, ist keine. Die Rückkehr zum Nationalstaat samt patriarchaler, heterosexueller Kleinfamilie, Strom aus Atomkraftwerken und einer autoritären Elitenherrschaft bietet keine Lösung für die sich verschlechternde Lebensrealität vieler Menschen in der BRD und Europa. Die AfD versucht soziale Konflikte in nationale umzudeuten und die Lohnabhängigen zu spalten (Deutsche gegen Flüchtlinge, Pleite-Griechen usw.). Doch die Probleme der Lohnabhängigen sind überall dieselben:
Eine statistische Studie der NGO Oxfam zur globalen Vermögensverteilung machte zuletzt noch einmal deutlich, was die rassistische Hetze der AfD überdeckt: Die brutale Realität der globalen Klassengesellschaft treibt unzählige Menschen in die Flucht! Wer den Leuten angesichts enormer Reichtumskonzentrationen ernsthaft weismachen will, dass geflüchtete Menschen eine Gefahr für „unseren Wohlstand“ darstellen, ist eine gefährliche, menschenfeindliche Hetzer/in und trägt ihren/seinen Teil zur Aufrechterhaltung dieser Ausbeutungsordnung bei. Die Rechtspopulist/innen greifen bewusst die materiellen Ängste der Menschen auf, denn die hiesigen Mittelschichten wissen ja um die Fragilität ihres Lebensstandards. Sie gehören maßgeblich zu den 14 Prozent der Weltbevölkerung, die mit ihren mittleren Einkommen etwa 32 Prozent des weltweiten Reichtums besitzen, der von der Dynamik des globalen Kapitalismus ebenfalls bedroht ist. Statt die Bedrohung aber auf die gesellschaftlichen Verhältnisse zurückzuführen, behaupten die rassistischen Hetzer/innen, dass es die komplett Besitzlosen und das migrantische Proletariat seien, die ihren Lebensstandard gefährden. Diese vom Abstieg bedrohten, wildgewordenen Kleinbürger/innen in den westlichen Ländern sind es, die nun zur Massenbasis einer neuen rechten, rassistischen Bewegungen werden. Die Geflüchteten führen ihnen die brutale, globale Realität der Ausbeutung in der hiesigen vermeintlichen »Wohlstandsoase« direkt vor Augen. Auch wenn einige meinen, sich durch nationale Abschottung und Rassismus vor der Gewalt des globalen Kapitalismus retten zu können, wird ihnen dies nichts nützen. Statt die Wurzeln zu bekämpfen, hetzen sie lieber gegen die ersten Opfer dieses globalen Systems.
Wir wenden uns gegen diese Ordnung, die lediglich darauf abzielt, Gewinne zu erwirtschaften und in der sich nur das Kapital frei und grenzenlos bewegen kann. Armut, Not und die Flucht davor sind Resultate des kapitalistischen Systems! Eines Systems, das Menschen neben leer stehenden Häusern obdachlos werden oder andere neben Tonnen weggeworfener Lebensmittel verhungern lässt. Eines Systems, das Menschen in nützlich und unbrauchbar einteilt und nicht darauf ausgelegt ist, die Bedürfnisse von Menschen zu befriedigen, sondern alles, ob Mensch oder Natur, ausschließlich seiner mörderischen Verwertungslogik unterwirft.
Wenn nun die AfD den Landtagswahlkampf als Bühne für ihre rassistische Hetze benutzen will, sollten wir dieses Vorhaben stören! Entziehen wir den Rechten den Boden ihrer Hetze und werben für eine Perspektive jenseits von Ausbeutung und Unterdrückung!
Wichtig dabei ist selbst aktiv zu werden. Stört den rechten Wahlkampf und sorgt für eine kritische Begleitung der AfD Wahlkampfstände & Veranstaltungen! Seid kreativ und achtet auf aktuelle Infos und Ankündigungen!
https://keinealternative.noblogs.org/
Termine
1. März: Veranstaltung zu den Verbindungen der AfD zur extremen Rechten
8. März: Demo zum Frauenkampftag. Im Anschluss Proteste gegen den Auftritt von Jörg Meuthen in Freiburg. Achtet auf weitere Ankündigungen!
12.März: Antirassistische Demo in Freiburg. Im Anschluss Proteste gegen den Auftritt von Frauke Petry in Breisach. Achtet auf weitere Ankündigungen!
28. März: Veranstaltung mit dem AfD-Kritiker Sebastian Friedrich zum Ausgang der Landtagswahlen in Baden-Württemberg
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(1) Alle folgenden Zitate sind aus dem Landtagswahlprogramm der AfD Baden-Württemberg entnommen.
(2) lesbisch-schwul-bisexuell-transsexuell-transgender-intersexuell und queer